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  • Writer's pictureSandra

Angst beginnt im Kopf. Mut auch.

„Zipline to the falls“ so lautet ein Punkt auf der To-Do Liste für Kanada, die Patricia mir als Anregung geschrieben und mit auf den Weg gegeben hat. Die Zipline von HyWire Adventures in Manitoba hatte zwar keine Wasserfälle zu bieten, aber zumindest war sie in Betrieb– im Gegensatz zu denen in Ontario, die wegen Covid-Bestimmungen noch geschlossen waren. Wir hatten am Tag zuvor schon mal mit einer Dame von HyWire telefoniert und gefragt ob die Zipline auch für Rollifahrer möglich ist. Sie bejahte das, konnte mir aber nicht zusagen, ob wir schon am Vormittag kommen können. Als wir an diesem morgen erneut anriefen, lud sie uns ein zu kommen. Die Leute, die das normalerweise machen kämen zwar erst nachmittags aber sie und ihr Mann könnten das in diesem Fall übernehmen. Mir schwante das könnte abenteuerlich werden. Und ich behielt recht.

Wie sich herausstellte hatten wir mit der betagten Eigentümerin telefoniert; sie war es auch die uns in Empfang nahm. Wir folgten ihr ins Büro um die Formalitäten zu erledigen. Dort trafen wir auch auf ihren Mann. Der erklärte uns, dass sie eigentlich nicht mehr im Tagesgeschäft tätig sind, weil ihr Sohn das Ganze übernommen hat. Das merkte man auch ganz deutlich, sie schienen mit dem Verkauf eines T-Shirts und dem Abkassieren für 2 x Zipline schon fast überfordert. Was sollte das bloß noch werden? Ich hatte ein blödes Gefühl… erst recht als es ums Anlegen des Gurtzeugs ging. Ich bat Seb‘ sich vor mich zu stellen, damit ich bei dem Geziepe und Gezerre nicht vorn über aus dem Rolli kippe. Das Gurtzeug war wider erwartend ganz bequem, nur die Beingurte saßen anfangs ziemlich locker. Aber das war schnell behoben. Zum Schluß gab’s noch die rosa Plastikschüssel auf den Kopf und wir waren „good to go“. Seb‘ katapultierte mich in den Buggy

und dann gings ab durchs Gebüsch. Die letzten Tage hatte es viel geregnet und der Weg zur Zipline, war lediglich ein matischiger Trampfelpfad durch den Wald. Ich hielt mich am Überrollbügel fest, musste aber ein paar mal meine Hand in Sicherheit bringen, denn ihr Fahrstil hatte kein Erbarmen. Als wir an der Plattform zur Zipline ankamen, war ich irritiert. Denn erstens konnten wir aufgrund des desolaten Wegs nicht bis vorne hinfahren, zweitens wegen der Stufen und drittens gab es keine Sitzgelegenheit. Nichts davon war im Vorhinein erwähnt worden. Meinen Rolli hatten wir zurück gelassen, weil ich ihn ja brauchen würde, wenn ich unten ankomme. Seb‘ nahm mich also Huckepack und stieg mit mir die Stufen hoch. Mich nun an der Zipline „aufzuhängen“ war die nächste Herausforderung, denn der Haken war vor meiner Brust. Ich musste mich so weit nach hinten lehnen wie möglich, während ich mich trotzdem an Sebastians' Hals hängend festhielt. Gar nicht so einfach wenn man keine Orang-Utan Arme hat. Nun gut, irgendwann hing ich am Galgen… äh Haken. Als Fußgänger hätte man jetzt ganz gemütlich und ohne Spannung eingehakt stehen können. Da ich nicht stehen kann, hing ich wie ein geschlachtetes Etwas gefühlte 30 cm mit meinem Allerwertesten über dem Boden. Und damit ich nicht ungewollt los sause, musste ich mich rücklings am Geländer festhalten. Keine angenehme Sache, wenn man solche Schulterprobleme hat.

Zu dem musste Seb‘ als erstes „zippen“, denn er war eingespannt mich unten angekommen einzufangen. Ich konnte ihm nicht mal viel Spaß wünschen, so schnell war er auf und davon und ich allein mit der Dame, die so hektisch und vollkommen unroutiniert rum hantierte. Ich freute mich eigentlich auf die „Fahrt“ aber das Drumherum konnte ich absolut nicht genießen. Ich hatte erwartet, dass sie mich erst los lässt, wenn meine Beine frei über den Stufen hängen (weil ich sie ja nicht anheben kann) aber sie hatte - wie sie mir im Nachhinein sagte - Angst vom Podest zu fallen. Na supi! Als sie mich losschickte klappte eines meiner Beine unter mich, so dass ich stecken blieb und mich drehte. Sie schien fast überfordert bei dem Versuch meinen Fuss zu befreien. Nach meiner Befreiung ging es in einem Affenzahn bergab, eigentlich ein geiles Gefühl wären da nicht die Bäume gewesen die scheinbar zum Greifen nah waren. Wobei Greifen ja nicht das Problem ist, Beine einziehen aber schon! Während eines meiner Beine recht willenlos in der Gegend rum hing, entschied das andere sich, sich schön lang zu machen (auch Streckspastik genannt). Das ist ziemlich doof, wenn man sich an der Zipline unkontrolliert dreht und mit seitlich ausgestrecktem Bein auf die Bäume zurast. Ich versuchte mein Bein einzufangen und mich nach vorne zu drehen, was so semi gut gelang. Zumindest während eines baumfreien Abschnitts konnte ich die Geschwindigkeit und den Ausblick kurz genießen! Dann nahte schon das Ende. Noch einmal beten, dass mein Bein das Geländer verschont (oder umgekehrt) und ich nicht mit den Füßen an der Plattform hängen bleibe… geschafft!

Was lernen wir daraus? Nicht die Zipline war das Abenteuer, aber es war ein abenteuerlicher Weg dahin! Ganz nach dem Motto der Weg ist das Ziel. Mission adventure ✔️

Die nächsten beiden Tage verliefen weniger abenteuerlich. Viel Regen, wenig Sonne. Keine besonders schönen Stellplätze. Vom Riding Mountain National Park hatten wir uns einiges erwartet, aber das Wetter vermieste uns die Lust auf „Hiking“. Die Bison Range wollten wir uns jedoch nicht entgehen lassen. Sie lag jenseits des Trubels der Stadt Wasagaming am Clear Lake und scheinbar waren nur wenige auf dem Weg dorthin. Wahrscheinlich weil sie mehr wussten als wir, denn nachdem wir etliche Kilometer gefahren waren kamen wir an eine geschlossene Schranke; der einzige Weg zu den Bisons blieb uns verwehrt. Wie wir später erfuhren wegen nicht mehr existierender Straßen und Brücken; die Wassermassen haben alles zerstört.

Am folgenden Tag, dem 26.06.2022 beschlossen wir in den „Duck Mountain Provincial Park“ zu fahren, eine Empfehlung von einer mehr oder weniger Social Media Bekanntschaft, zu der ich mehr in meinem nächsten Beitrag noch einiges erzählen werde. Ehrlich gesagt hatte ich mir von diesem Besuch nicht allzu viel erwartet, zumal das Wetter immer noch recht durchwachsen war. Doch dieses mal hat wir das Glück auf unserer Seite, je näher wir dem Ziel in ca. 150 km Entfernung kamen umso wärmer wurde es.

Nach gefühlt endlos langen Schotterstraßen, die besser in Schuss waren als viele geteerte Hauptstraßen auf denen wir waren, kamen wir an den Childs Lake. Er lag friedlich da, eingebettet im Wald, kaum besucht und so herrlich still. Vom Boden aus sah das alles schon sehr schön aus, aber ich war neugierig wie die Umgebung aus der Luft aussieht… also schickte ich meine Drohne in die Lüfte.

Was ich dann sah, verschlug mir schier die Sprache. Diese unfassbar schönen Farben kannte ich bislang nur aus irgendwelchen Image Videos. Im Sonnenlicht funkelte das Wasser türkisblau.

Ich war angefixt. Ab zum nächsten See. Es gab einige zur Auswahl, ich entschied mich für den „East Blue Lake“, der nur 18 km weit entfernt war… ein Katzensprung für kanadische Verhältnisse. Als wir ankamen hatte der Regen gerade wieder eingesetzt, doch das schreckte uns nicht vom Bleiben ab. Wir parkten mit Blick durch die Bäume aufs Wasser und aßen gemütlich zu Abend.

Da weit und breit kein Schild stand, dass Übernacht-Parken hier verboten sei, beschlossen wir zu bleiben. Natürlich hätten wir auch auf den Campingplatz fahren können, dessen Einfahrt nur 100 m weiter lag, aber warum!? Wir brauchten keinen Strom, kein Wasser und unnötig Geld ausgeben brauchen wir auch nicht. Wir ließen es drauf ankommen und verbrachten eine ungestörte Nacht; lediglich ein paar gruselige Tiergeräusche hallten durchs Tal.

Am nächsten Morgen wurden wir wieder vom guten Wetter begrüßt, so dass ich es nach dem Kaffee kaum erwarten konnte weitere schöne Luftaufnahmen zu machen.

Als ich wenig später in Aktion war kam ein weißes Auto mit der Aufschrift Park-Officer angefahren und hielt prompt vor unserem Bus. Ich dachte, jetzt bekomm ich entweder einen Anschiss wegen der Drohne oder jemand hat uns verpetzt wegen der Übernacht-Parking Geschichte. Aber die beiden jungen Herren waren mega nett und fragten erstmal wie es mir geht und ob alles ok wäre, sie hätten gehört wir hätten Trouble mit dem Bus. Da fiel mir ein, dass am Tag zuvor Sebastian die Motorhaube offen hatte um das Öl zu checken und währenddessen ein kleiner junge mit seiner Mama vorbei ging und sagte: „Oh, the magic school bus broke down“. Wahrscheinlich hatte diese Vermutung auch derjenige der den Officers Bescheid gegeben hatte. Nach dem wir allerdings versicherten das alles ok ist und wir nur auf der Durchreise sind, schienen sie fein damit zu sein. Sie erwähnten lediglich, dass wenn wir doch länger bleiben wollen würden, der Campingplatz nur ein paar Meter weiter sei. Wir unterhielten uns noch kurz darüber, woher wir kommen und wohin wir reisen, dann verabschiedeten sie sich. Der Anschiss wegen Drohne – die ich zwischenzeitlich natürlich gelandet hatte – blieb aus. Ich weiß, dass es in Nationalparks verboten ist eine Drohne steigen zu lassen, deswegen unterlasse ich das auch. Aber der Duck Mountain war nur ein Provincial Park und es gab keine Verbotsschilder.





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