Gerade noch über den Hover Damm gecruist waren wir Schwuppdiwupp in Arizona
und fanden uns auf der Route 66 wieder. Auch wenn der Charme dieser historischen Straße nur gelegentlich zu erkennen war,
denn der in einem furchtbaren Zustand befindliche Straßenbelag trübte die Freude gelegentlich. Bei meiner Umgebungsrecherche fand ich den Nature Park „Keepers of the Wild“, die laut Internet sogar ein paar Tiger aus dem Bestand des „Tiger Kings“ aufgenommen haben.
Wer nicht weiß, wer zum Teufel „Tiger King“ ist, der sollte mithilfe von Netflix schnellstens diese Bildungslücke schließen. 😂 🐯🤴
Der Park versteht sich als Auffangstation mehr oder weniger exotischer alter, kranker Tiere, die in freier Wildbahn keinerlei Überlebenschance hätten. Dennoch fand ich die Haltung der Tiere in meiner Meinung nach viel zu kleiner Gehege sehr beklemmend, zumal ringsherum so viel mehr Platz vorhanden wäre.
Nach unserem Ausflug in die „Wildnis“ folgte die Flucht… Eine neue "Flash Flood" Warnung poppte am Abend auf meinem Handy auf. Es galt Land zu gewinnen, im wahrsten Sinne! Im County Park Williams – außerhalb der Gefahrenzone - nächtigten wir schließlich unbehelligt.
Die Gewitterfront, die uns bereits seit Kalifornien im Nacken saß, holte uns am nächsten morgen dann aber doch vorm Visitorcenters des Grand Canyon Nationalparks ein. Während Sebastian die Park-Map besorgte, brachte ich einen neuen Blogbeitrag auf den Weg. Sonderlich in Eile waren wir aufgrund des Wetters nicht und fuhren daher erst gegen Mittag zum südlichen Eingang des Parks.
Die atemberaubende Schlucht, die der Colorado River in Millionen Jahren hier geschaffen hat, wartete nur darauf erkundet zu werden. Doch zuerst ein paar Fakten: Der Canyon ist rund 450 Kilometer lang, bis zu 1.800 Meter tief und an seiner breitesten Stelle 26 Kilometer weit. Ins Gebiet des Nationalparks fallen die Nord- und die Südkante (North Rim und South Rim) des Canyons. Der South Rim des Grand Canyon zählt zu einem der meist besuchten Gebiete der Erde. Von hier aus gibt es die spektakulärsten Ausblicke auf die Schlucht.
Bei der Nachfrage hinsichtlich barrierefreier Zugänge mit dem Rolli wurde uns am Eingangshäuschen kurzerhand ein Plakat und ein Code für eine Schranke ausgehändigt, welcher uns erlaubte mit dem Skoolie zu diversen sonst nur für die öffentlichen Shuttles zugänglichen Aussichtspunkten zu fahren. Das war ja mal eine positive Überraschung, hatten wir zuvor schon widerwillig überlegt die Shuttle-Busse zu nutzen. Aber so war das natürlich viel einfacher mit Rolli, Hund und Bequemlichkeit. Auch der erstaunlich gute Zustand der Straßen im Park erfreute uns. Es gab außerdem keine Berge und es herrschte wenig Verkehr. Einzig das Wetter hätte besser sein können. Aber das ist Jammern auf Hohem Niveau. Es war halt bewölkt und hin und wieder kamen ein paar Regentropfen runter. Nichts was uns davon abhielt den Mather Point Aussichtspunkt anzuvisieren, einer der Knotenpunkte des Parks. Ich war recht verwundert als wir vom Parkplatz aus nach gefühlt 3 Minuten Fußweg an der Kante des Grand Canyon standen. Dieser Anblick war so unglaublich surreal!
Unglaubliche 34 km kann man entlang des Canyons vorbei schlendern. Wir haben zwar nicht die gesamte Strecke zu Fuß/zu Rolli auf uns genommen, trotzdem würde ich behaupten, dass der Großteil des Weges rollitauglich ist; die Aussichtspunkte waren es fast alle, auch wenn ich nicht immer bis zur Kante kam, wo ein Fußgänger mit Leichtigkeit über ein paar Stufen oder Felsen stiefeln kann. Dennoch, meine Bedürfnisse (todesmutig) in den Abgrund zu blicken, konnte ich ausreichend stillen.
Das Wetter war wie bereits erwähnt nicht sehr beständig, sorgte so aber für großartige apokalyptische Fotos.
In unserem eigenen Tempo fuhren wir nach und nach die Aussichtspunkte an, schossen unzählige Fotos und Videos, machten Rast wann und wo wir wollten und bestaunten den Canyon von diversen Blickwinkeln.
Am diesem Tag grasten wir alles auf der westlichen Seite des South-Rims ab.
Da es östlich wieder aus dem Park raus ging hoben wir uns diesen Teil für den nächsten Tag auf.
Doch am nächsten Morgen stand erst noch ein Helikopter Flug über den Canyon an, auf den ich mich bereits seit Tagen freute. Ich hatte mich dazu durchgerungen ein bisschen mehr Geld auszugeben und eine große Runde (ca. 50 Minuten) mit dem Eurocopter bis zum gegenüberliegenden North-Rim zu buchen. Auf der Website des Anbieters war sogar ein „wheelchair accessible“ Zeichen bei sämtlichen angebotenen Touren zu finden. Ich war begeistert. Gebucht hatte ich das Paket 2 Tage zuvor. 24 Stunden vor Abflug sollte ich telefonisch nochmal meine Buchung bestätigen. Bei diesem Telefonat wies ich explizit darauf hin, dass ich „spinal cord injured“ bin und mir ein Freund beim Ein- und Ausstieg in den Helikopter behilflich sein wird aber nicht mitfliegt. Die Dame am Telefon war freundlich und sagte, dass sei notiert und kein Problem. Ich freute mich, dass das alles so unkompliziert schien… leider zu früh wie sich herausstellte.
Für diesen aufregenden Dienstagmorgen hatte ich mir den Wecker gestellt, weil ich auf keinen Fall verpennen und zeitlich in die Bredouille kommen wollte; der Flug war für 9 Uhr morgens geplant und ich sollte eine halbe Stunde vorher einchecken. Bei solchen Terminen bin ich gern auch mal etwas überpünktlich und war schon um 8 Uhr vorm Terminal, als ich noch einen Blick auf mein Handy warf. Dort wurde mir just eine E-Mail von Papillion (Anbieter des Rundflugs) angezeigt.
Ich war gefrustet und hatte irgendwie im Gefühl, dass der „mechanical issue“ ein Vorwand wäre. Als ich an den Schalter kam und meine E-Mail dem lustlos wirkenden Mitarbeiter zeigte, der den Mund nicht aufbekam, kam eine weitere Mitarbeiterin dazu, die das Gespräch übernahm…. Allerdings nicht mit mir, sondern mit Sebastian, der danebenstand und bis dato kein Wort gesagt hatte. Warum auch? ICH hatte gebucht, ich war der Gast. Das schien die Mitarbeiterin aber nicht wirklich zu interessieren und sie erklärte Seb‘, dass der gebuchte Flug aufgrund von „Technischen Problemen“ nicht stattfinden könne UND ich außerdem nicht allein (ohne Begleitung) fliegen könnte. Aha, da kamen wir der Sache schon näher. Ich versuchte das Gespräch an mich zu reißen, sie wollte sich aber offensichtlich lieber mit Seb‘ unterhalten. Das machte mich erst richtig pissig. Ich sagte ihr, dass ich das Problem nicht verstehe, hatte ich doch am Tag zuvor angerufen und die Situation dargelegt, woraufhin keinerlei Anmerkungen wegen den nun vorgebrachten „safety issues“ gemacht wurden. Ich sprach, doch ihre Reaktion war weiterhin an Sebastian gerichtet. Sie sagte, es würde ihr leid tun, aber ich könnte nur fliegen, wenn jemand mitfliegt und dann auch nur die kleine Runde von ca. 20-30 Minuten. Mit jeder Sekunde, die Madame mich ignorierte wurde ich wütender und das Gefühl, dass die Hälfte von den Gründen reiner Vorwand war, verstärkte sich nur noch. Auch als ich sie darauf aufmerksam machte, dass sie doch bitte mit MIR reden sollte, da sich meine Behinderung lediglich auf meine untere Körperhälfte nicht aber auf meinen Verstand bezieht, zog sie es vor mich weiterhin zu ignorieren. Seb‘ hatte mittlerweile seinen Senf dazu gegeben und verstand das eigentliche „Problem“ genauso wenig wie ich. Dennoch, er wusste ich wollte fliegen, also erklärte er sich bereit mitzukommen. Wir zahlten missmutig den Differenzbetrag für seinen Flug. Aber die Stimmung und Vorfreude war im Eimer. In mir brodelte es. Wir sahen uns das Safety Video an und warteten auf unseren Flug. Doch noch bevor wir zum Heli gingen, rollte ich zum Schalter zurück und teilte der Lady mit, dass ich nach dem Flug gern mit dem Manager sprechen würde. Sie schien überrascht aber nickte „ok“. Zu oft hab ich ähnliche Situationen stillschweigend hingenommen, doch mein Stolz war dieses Mal auf Konfrontationskurs.
Dennoch hoffte ich, dass mit dem Start des Helis (PGG2ECO) sich meine Stimmung wieder heben würde, nur dass Mittelsitzplatz das Ganze nicht besser machte. Mit uns flog ein spanisches Pärchen, die auf den Vordersitzen sicherlich einen großartigen Blick genossen und Seb‘ am Fenster neben mir, ebenfalls. Rechts neben mir saß niemand, das heißt der rechte Fensterplatz war frei. Da durfte ich aber nicht hin. Also saß ich da auf meinem „billigen“ Platz und versuchte den Flug und die „begrenzte“ Aussicht zu genießen. Aber es gelang mir nicht. Ich hatte Puls!!!
Zurück am Terminal forderte ich das Gespräch mit dem Manager ein. Eine freundlich wirkende Frau kam auf mich zu und fragte worum es geht. Ich sagte ihr, dass das heute für mich echt eine der enttäuschendsten Erfahrungen überhaupt war. Ich erzählte den gesamten Werdegang von der Buchung, dem am Tag zuvor geführten Telefonat und bis hin zum dem geführten Gespräch mit der Front-Desk-Mitarbeiterin bzw. der Art und Weise wie ich von derselbigen behandelt wurde. Ich sagte ihr, dass es für mich unverständlich ist, dass mit „wheelchair accessible“ geworben wird, aber nirgends was davon steht, dass Begleitpersonen aus safety Gründen notwendig sind und mir das alles „spanisch“ vorkommt. Auch den finanziellen Aspekt ließ ich nicht unerwähnt, denn schließlich musste ich für „meine Begleitperson“ bezahlen, nur damit ICH fliegen durfte. Sie hörte geduldig zu, war sehr empathisch und schien zu verstehen. Sie bedankte sich dafür, dass ich so ehrlich sei und klar meinen Standpunkt vertrete. Sie fragte, ob ich ihr ein paar Minuten für ein Telefonat zugestehen würde, damit sie sehen kann, was sie für mich tun kann. Natürlich tat ich das. Als sie wenig später zurück kam sicherte sie mir zu, dass ich die Kosten für Seb’s Flug zurückbekommen würde und lediglich ein kleiner „Fuel Charge“ Betrag für ihn erhoben werden würde. Ich war einverstanden und bedankte mich, hatte jedoch das Bedürfnis ihr zu sagen, dass ich normalerweise niemand bin, der sich wegen allem beschwert, aber ich mir in diesem Fall wirklich schlecht behandelt vorkam und es mir leid tut, dass ich das sagen muß. Ein paar Anmerkungen was sie auf Ihrer Internetseite im Bezug auf Rollifahrer nicht unerwähnt lassen sollten, konnte ich mir ebenso nicht verkneifen, denn der Sitzplatz in der Mitte von dem ich nur eine sehr begrenzte Sicht hatte, ist eigentlich ein no-go… Mit jedem meiner Worte wurde der Kloß in meinem Hals dicker… Mir fällt es generell schwer über meine Gefühle zu sprechen und wenn ich es tue werde ich recht schnell emotional – so auch in diesem Fall. Ehe ich mich versah kullerten die Tränen ohne dass ich das wollte oder hätte aufhalten können. Ich versuchte ihr zu erklären, dass ich bis vor ein paar Jahren „Fußgänger“ war und mich solche Situationen wie heute, wo alles so kompliziert ist bzw. gemacht wird und man mich so behandelt, fertig machen. Ich wollte nicht auf die Tränendrüse drücken, konnte es jedoch auch nicht vermeiden ohne daran zu ersticken. Die Folge war, dass sie ebenfalls schluchzen musste und mir sagte, ich solle mich bitte nicht schlecht fühlen oder mich dafür entschuldigen, dass ich so ehrlich bin, sie verstehe mich absolut und es tue ihr sehr leid und nur durch meine ehrliche Darlegung könnten sie es beim nächsten Mal besser machen... Sie bat mich erneut Rücksprache halten zu dürfen. Es fühlte sich gut an ernst genommen zu werden… auch wenn es mir peinlich war, dass ich mich nicht zusammenreißen konnte.
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie uns einen weiteren Flug mit einem anderen Heli anbietet; doch sie tat es. Diesmal mit der BELL und einem Fensterplatz für mich. 🤩 Eine Stunde später, saßen wir wieder im Heli und ich konnte die Aussicht über diesen unfassbar gewaltigen Canyon mit einem guten Gefühl, weil ich selbst für mich eingestanden bin, endlich genießen.
Danke, Papillion, dass ihr das Ruder nochmal rumgerissen habt. (Leider weiß ich den Namen der Managerin nicht!) Danke Seb, dass Du mich 2 x an diesem Tag in einen Helikopter rein- und rausgehoben hast und mitgeflogen bist. Danke Lennox, dass Du tapfer den Bus bewacht hast. Danke lieber Leser, dass DU bis hierhin gelesen hast, auch wenns viel zu viel Text war…🤷♀️
Und noch kein Ende in Sicht 😂...
Nach dem der Vormittag doch noch zu einem guten „Ende“ kam, besuchten wir die verbleibenden Outlooks auf der Ost-Seite des South-Rim. An diesem Tag sogar mit mehr Sonne 🌞 und einem weiten Blick in die Ferne des Canyons.
Am späten Nachmittag verließen wir einen der zurecht berühmtesten, grandiosesten und zu meiner Überraschung rollitauglichsten Nationalparks der USA.
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